Oder: immer schön flexibel bleiben.
Geplant war ein Wochenende in Wien mit Schnitzel, Stephansdom und Aperol Sprizz am Naschmarkt. Was daraus geworden ist, liest Du hier…
Freitag
Die Wetterprognosen versprachen schon seit Tagen eine spannende Reise. Diverse Regen- und Gewitterfronten sollten quer über unsere Route von Westen nach Osten ziehen, natürlich auch zu unserer geplanten Reisezeit. Der Abflug in Birrfeld würde wohl noch möglich sein, die Front würde dann aber quer über dem Bodensee bis fast nach Salzburg stehen. Dahinter sah es auf dem Radar besser aus und so setzten wir unsere Pläne trotz des Regens unbeirrt fort. Die Aussicht auf ein sonniges Wien war verlockend.
Die Eclipse HB-SGI war das ganze Wochenende für uns reserviert und stand schon auf dem Apron bereit. Wir mussten also nur noch unser Gepäck einladen, volltanken und schon konnte Oliver mit dem Outside-Check beginnen.
Nach dem Run-up rollten wir auf den Runway, Oliver schob den Gashebel nach vorne und die kleine Eclipse nahm Fahrt auf und wurde schnell und schneller. Sie hob ab und bald drehten wir nach Norden ab, um einen Weg durch die Wolken zu suchen.
Das erste Ziel, Leutkirch, lag hinter dem Bodensee und sollte uns einerseits als Tankmöglichkeit, andererseits aber auch als Zollstelle für den Eintritt in die EU dienen. Anstatt wie wir geplant hatten, direkt ab Birrfeld zu steigen und via Schaffhausen und Konstanz Leutkirch anzupeilen, mussten wir in Kurven drehend den besten Weg suchen. Einige Gewitter, Schauer und schwarze Wolken konnten wir umfliegen, bis wir kurz vor dem Bodensee in der ganzen Breite des Horizonts auf eine Wand trafen.
Nach einer Abwägung, ob das Weitersuchen sinnvoll und sicher genug sei oder ob wir eine Alternative ansteuern müssen, entschieden wir uns, auf dem Funk in Donaueschingen, anzufragen, ob sie eine kurzfristige Zollanmeldung für uns erwirken können.
Es war der Stimmlage des Flugplatzangestellten klar zu anzuhören, dass dieser Mehraufwand nicht unbedingt Freude auslöste, jedoch erklärte er sich bereit, den Zoll (und Corona-bedingt auch noch die Bundespolizei) zu avisieren, wenn wir bereit wären, die zwei Stunden Wartefrist dort „abzusitzen“. Ok, viele Varianten hatten wir angesichts des Wetters ja nicht, also bestellten wir den Zoll und planten unseren Anflug auf Donaueschingen (wo wir auch schon gelandet sind).
Nach dem Bezahlen der Landetaxen setzten wir uns hin und berieten, welche Optionen wir haben: Warten und hoffen, dass der Bodensee in zwei Stunden fliegbar wird, unverrichteter Dinge wieder nach Hause fliegen und am nächsten Tag nochmal probieren oder eine fliegbare Alternative aussuchen. Wir entschieden uns für Tor drei – wir planten kurzerhand um und entschieden uns für den Flugplatz Egelsbach, der einige Kilometer südlich von Frankfurt a.M. liegt.
Nach knapp zwei Stunden Wartezeit (in der natürlich kein Zoll vorbeikam), waren wir also wieder in der Luft – Richtung Norden, Egelsbach. In diese Richtung war das Wetter bedeutend besser und wir mussten keine grossen Ausweichmanöver mehr fliegen. Der Anflug auf Egelsbach über die Wälder war etwas holprig, was aber nur der Thermik anzulasten war, nicht dem schlechten Wetter. Wir landeten sicher in EDFE, ganz nach dem Motto „Frankfurt, 25 Grad, die Sonne brennt“ und stellten die Eclipse auf dem Grasparkplatz ab.
Happy Crew in EDTD
Brav bezahlten wir unsere Landetaxen im C-Büro und fragten bei dieser Gelegenheit gleich nach, wie wir zum Bahnhof Egelsbach kommen und ob wir am Freitag um kurz nach 17 Uhr noch irgendwo Kartenmaterial für die weitere Flugplanung erhalten. Der Herr meinte, Karten gibt’s, wenn, dann bei Eisenschmidt gegenüber vom GAC und zu Fuss zum Bahnhof sei es aktuell schwierig wegen einer grossen Baustellen. Ok, Karten kaufen probierten wir bei Eisenschmidt und wegen dem Flussmarsch, da würden wir schauen, wenn’s soweit ist.
Obwohl der Laden schon geschlossen aussah, lief Claire dorthin, um zu schauen, wann er am nächsten Tag öffnen würde. Drinnen sah sie noch Bewegungen und versuchte ihr Glück. Tatsächlich öffnete ein Mann die Tür und konnte uns noch die gewünschten Karten verkaufen. Im Gespräch erwähnten wir nebenbei, dass wir nun zum Bahnhof gehen wollten und da bot er uns an, uns mit dem Auto zu fahren. Super, dachten wir und nahmen das Angebot angesichts der Baustelle gerne an. Unterwegs checkte der Mann sein Handy und sah, dass unser Ziel, das Hilton Frankfurt, kein grosser Umweg für ihn sein würde – und brachte uns kurzerhand direkt zum Hilton! Was für eine tolle Geste, wir haben uns sehr gefreut und uns im Auto nett über die Fliegerei in Deutschland (er ist mitten im PPL) und der Schweiz unterhalten.
Im Hilton war es wie erwartet sehr ruhig, kein Restaurant und keine Bar war geöffnet. Corona-ruhig. Also checkten wir ein, Zimmer 932 war für uns reserviert und das Prozedere zum Frühstück erklärt: Auswahl auf einem Zettel ankreuzen, diesen bis 3 Uhr früh an die Zimmertüre hängen und morgens Zimmerservice geniessen. Hört sich toll an, aber leider wurden keine warmen Speisen wir Eier oder Speck angeboten – schade.
Wir beratschlagten, was wir am Samstag machen sollen und nach Prüfung einiger Varianten entschieden wir uns für Bad Kissingen. Die Entscheidung für Bad Kissingen trafen wir hauptsächlich, weil das Städtchen in ca. 15 Gehminuten erreichbar ist und es zum flanieren und Eis essen einlädt. Um auf die nötigen Flugstunden für ein Wochenende zu kommen, planten wir ausserdem ab Bad Kissingen einen Flug nach Freiburg im Breisgau zum übernachten.
Nach der „Büroarbeit“ machten wir uns für den Apéro und das Abendessen in Frankfurt bereit und spazierten in die nahe Fussgängerzone. In einem Restaurant mit Aussenbestuhlung liessen wir das Frankfurter Ausgehvolk vorbeiziehen, tranken ein Bier und assen was Kleines. Ein gemütlicher Abend nach einem ereignisreichen Tag und kurz nach Mitternacht fielen wir ziemlich erledigt ins Bett.
Samstag
Ausgeruht und bereit für einen neuen Tag genossen wir das Frühstück auf dem Zimmer und checkten gegen 10 Uhr aus dem Hotel aus. Mit der S-Bahn und einem Taxi ging es zurück zum Flugplatz Egelsbach, wo die Eclipse auf uns wartete. Wir füllten den Tank, machten den Flieger startklar und luden unser Gepäck ein. Schon waren wir bereit für den kurzen Flug nach Bad Kissingen.
Es war ein ruppiger Ritt mit viel Thermik, aber das Wetter passte und der Anflug auf EDFK ist wirklich schön. Der Wind in der Pistenachse und kein anderer Verkehr vereinfachten die Landung auf der Graspiste und kurz darauf spazierten wir in den Ort. Ein wenig am Fluss entlang spaziert, die Bäderstadt war belebt, machten wir später beim Park an einer Gelateria Halt – Glacé-Zeit!
Nach dieser kurzen Stärkung und gut zwei Stunden Bodenzeit waren wir bereits wieder in der Luft, Ziel Freiburg i.Br. Auch dieses Lag war gut fliegbar, es ging eineinhalb Stunden geradeaus. Eine Kurve flogen wir – die auf die Pistenachse in Freiburg und nach dem Long Final setzte Oliver den Flieger weich auf der Piste auf.
Die Formalitäten erledigten wir gleich und bestellten uns ein Taxi in die Stadt. Alles klappte wie am Schnürchen und wir checkten im Novotel am Bahnhof ein. Eine kurze Dusche erfrischte uns bevor wir in die Altstadt auf Essenssuche gingen.
Wir staunten nicht schlecht über die vielen Leute, die in Freiburg auf der Strasse unterwegs waren – als wäre Corona nie ein Thema gewesen! Unsere Masken hatten wir griffbereit und zogen sie im Taxi, beim Hotel Check-in und in Geschäften auch brav an.
Beim Münster fanden wir ein Restaurant, das währschaftes, regionales Essen anbot und bestellten Schweinebraten, Maultäschle und Krautsalat. Und Bier 🙂 Die Wahl war gut und mit vollem Magen machten wir uns auf den Weg ins Hotel. Der Tag war wieder lang und wir freuten uns schon auf erholsamen Schlaf.
Sonntag
Strahlender Sonnenschein weckte uns. Wir packten unsere Siebensachen, bevor wir am Bahnhof einen schnellen Kaffee in der Sonne tranken (Frühstück haben wir nach dem opulenten Nachtessen gerne ausgelassen) und ein Taxi zum Flugplatz nahmen. Ganz nach Plan waren wir also um 10.30 Uhr in der Luft und (nachdem wir die Volte nicht ganz korrekt geflogen sind, ausgeschimpft wurden und uns entschuldigt haben) genossen den Überflug über die Stadt Freiburg. Die Nase nach oben ging es weiter rauf bis auf Wolkenhöhe auf Flightlevel 100. Wir kurvten um die Schönwetterwolken und freuten uns über den Sonnenschein.
Rückwirkend gesehen hatten wir Glück, dass wir es am Freitag nicht nach Wien geschafft haben. Das Wetter war entgegen den Prognosen in Österreich schlecht und wir hätten wohl Mühe gehabt, am Sonntag wieder heimzufliegen. Abgesehen davon, wäre aus Aperol Sprizz in der Sonne am Naschmarkt eher nichts geworden.
Nach einer kurzen Zwischenlandung in Donaueschingen (dieses Mal mit im Voraus angemeldeten Zoll) inklusive fuelen, nahmen wir das letzte Leg in Angriff: auf nach Birrfeld. Diese gut 20 Minuten gingen schnell vorbei und kaum hat man die Höhe nach dem Take-off erreicht, muss man sich schon wieder mit der Landung auseinandersetzen.
Es war einiges los im Birrfeld und wir reihten uns in die Volte ein. Kurz darauf waren wir am Boden und stellten den Flieger sicher vor dem Hangar ab. Gepäck ausräumen und vor allem von Mücken und Fliegen auf der Motorhaube und den Flügel bereifen, die Buchhaltung über Flugzeiten abschliessen und alle Unterlagen am Schalter vom Flugplatz abgeben. So schnell geht es und ein spannendes Wochenende in der Luft ist vorbei.